Donnerstag, 16. April 2015

Wer misst, misst Mist!

Es kann eine interessante Angelegenheit sein, die Leistung von Verbrauchern zu messen. Wenn es darum geht, die Stromrechnung zu reduzieren, lege ich meinen Hauptaugenmerk auf elektrische Geräte, die dauerhaft in Betrieb sind. Da lohnt sich auch ein Blick auf relativ kleine Leistungen, wie sie im Standby-Betrieb auftreten. Denn bei einem Strompreis von 26 ct/kWh kostet jedes Watt an Leistung bei einem Jahr Laufzeit 2,28 €.

Bisher habe ich für die Leistungsmessung mein Energieverbrauchsmessgerät (Typ PM30) genutzt. Diese oder ähnliche Geräte werden selbst in Supermärkten teils zu Preisen unter 10 € angeboten und sind relativ einfach zu bedienen.



Mein Gerät zeigt neben Stromstärke, Spannung, Frequenz und Scheinleistung (die es fälschlich in Watt anzeigt) auch den Leistungsfaktor cos φ  an. Somit ist es grundsätzlich dafür geeignet rein ohmsche Lasten, wie klassische Kaffeemaschinen, Heizgeräte, etc. richtig zu messen. Auch induktive Lasten, wie Motoren, sollen damit in der Theorie zuverlässig messbar sein.

Im Beitrag Philips Senseo ® HD 7810 die Zweite stieß ich mit einem Energiekostenmessgerät auf eine zu hohe Standby-Leistung. Das Messgerät zeigte einen cos φ = 1 an, also Scheinleistung = Wirkleistung.

Die Realität sieht jedoch anders aus, als es das Messgerät darstellt. Ich habe mit dem Oszilloskop, mit Hilfe eines ohmschen Widerstandes von 6,8 Ω und einer selbstgebauten "Breakout-Box", sowohl Spannung als auch Strom am Gerät gemessen. Ich habe natürlich einen Trenntransformator und Tastköpfe mit entsprechender Spannungsfestigkeit verwendet.



Schaltung:



Auf Kanal 1 wird U1 gemessen und U2 auf dem 2. Kanal. U2 ist ist äquivalent zum Strom I.

Da U1 und U2 sich auf den gleichen Massepunkt beziehen müssen, wird zur richtigen Phasendarstellung wird das Spannungssignal von U1 am Oszilloskop negiert.




Das Ergebnis: die "Stromkurve" sieht zerhackt und nur noch annähernd sinusförmig aus. Und U2 eilt U1 um ca. 12 ms nach. Es tritt also eine Phasenverschiebung von > 85° auf, ...




... was den cos φ  in die Nähe von 0,04 drückt, der sich aus dem angegebenen Senseo Standby-Leistung von 0,26 W und der gemessenen Scheinleistung von ca. 6,75 VA berechnet. 

Das Energiekostenmessgerät zeigt jedoch 1 an und nicht 0, wie man bei ordnungsgemäßer Messwertrundung erwarten könnte. Die Bedienungsanleitung des Messgerätes gibt zu diesem Umstand leider keinerlei Hinweis.

Schuld an der Phasenverschiebung ist bei der Senseo das Kondensatornetzteil, das zur Versorgung des Mikrocontrollers benötigt wird und im Standby für die kapazitive Last sorgt. 




Mein Fazit: mein Energiekostenmessgerät ist nur bei rein ohmschen Lasten sinnvoll einsetzbar. Dummerweise kann man einem Verbraucher von außen nicht unbedingt ansehen, ob es in diese Kategorie fällt.

... und ich werde meine Senseo wieder in Betrieb nehmen und mich freuen, dass ich sie nicht zur Reparatur eingeschickt habe - obwohl es schon interessant zu erfahren gewesen wäre, ob und welchen Fehler der Philips Service gefunden hätte ...